Hashimoto-Thyreoiditis ayurvedisch therapieren

Sie hat einen exotischen Namen, wurde vor über 100 Jahren von einem japanischen Pathologen entdeckt und ist eine der häufigsten Ursachen einer Schilddrüsenunterfunktion im Erwachsenenalter: bei der Hashimoto-Thyreoiditis bildet das körpereigene Abwehrsystem aus unbekannter Ursache Antikörper gegen Eiweiße der Schilddrüse und erzeugt eine chronische Entzündung.

Mehr als 10% der deutschen Bevölkerung sind betroffen, Frauen etwa zehnmal häufiger als Männer und 75% der Patienten wissen gar nichts von ihrem „Unglück“. Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, schleichend und unbemerkt – ihre unspezifischen ersten Symptome werden oft als Wechseljahresbeschwerden fehlgedeutet.

„Hashimoto“ zählt seit Jahren zu den häufigsten Krankheitsbildern, mit denen Patienten meine Praxis für Ayurvedamedizin aufsuchen. Viele von ihnen sind verzweifelt und fühlen sich nicht verstanden, weder von ihren behandelnden Ärzten noch im Familien- und Freundeskreis.

Und das hat einen guten Grund: die Komplexität der Erkrankung mit wiederkehrenden körperlichen und psychischen Belastungen wird oft unterschätzt. Hormone können lindern, aber nicht heilen. Die ausgeprägten Schwankungen zu akzeptieren, kostet die Betroffenen viel Kraft. Der Ayurveda kann keine Wunder vollbringen, die Welt der Hashimoto-Patienten aber ganzheitlich verstehen. Das gemeinsame Ziel lautet: Balance in der Imbalance.

Von der Überfunktion in die Unterfunktion

Zu Beginn kann es zu einer übermäßigen Produktion an Schilddrüsenhormonen kommen, die dadurch entstehende Überfunktion wird Hashitoxikose genannt. Betroffene erleben stark belastende Symptome wie Unruhe, Nervosität, Zittern, Schwitzen, Herzrasen, Bluthochdruck, Heißhunger, Gewichtsabnahme und Schlafstörungen.

Aus ayurvedischer Sicht facht ein massiv gereiztes Vata Dosha das Agni und Pitta an, beide schaukeln sich gegenseitig hoch. Die mangelhafte Nährung der Körpergewebe (Dhatukshaya) lässt Vata weiter ansteigen und es entsteht ein Teufelskreis.

Im weiteren Verlauf kommt es meist zur fortschreitenden Zerstörung des immer kleiner werdenden Schilddrüsengewebes. Je weniger Zellen existieren, desto weniger Hormone werden produziert. Gewichtszunahme, Antriebslosigkeit, Erschöpfung, Kälteempfindlichkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen, Zyklusstörungen, Infektanfälligkeit, Verdauungsstörungen und Libidoverlust sind mögliche Folgen.

Aus ayurvedischer Sicht kippt in diesem Stadium das System aus der Vata-Pitta-Agni-Überfunktion in die Agnischwächung und einen Anstieg von Kapha. Unglücklicherweise können auch Vata und Pitta weiterhin erhöht bleiben, was eine sogenannte Sannipataja Störung aller drei Dosha zur Folge hat. Die Symptomatik wird oft schwankend erlebt, je nach aktueller Dosha-Dominanz.

In einer Blutuntersuchung zeigen sich meist erhöhte Autoantikörper (TPO-AK, TG-AK) und das Schilddrüsensteuerungshormon TSH ist erhöht. Die Unterfunktion muss und kann durch eine Hormonsubstitution ausgeglichen werden. Dadurch sinkt TSH und äußerlich ist die Schilddrüsenfunktion ausgeglichen (euthyreot). Einige Symptome erfahren direkte Linderung, andere bleiben unverändert bestehen. Nun klafft eine Lücke zwischen dem „guten Laborergebnis“ und dem bescheidenen Empfinden der Betroffenen.

Hashimoto ayurvedisch verstehen

Die Komplexität der chronischen Erkrankung wird uns bewusst, wenn wir sie ayurvedisch diagnostizieren. Hierbei lassen sich in der Krankheitsentwicklung (Samprapti) folgende Parameter erfassen:

  • Vishamagni: Der Zustand des Körperfeuers schwankt in Abhängigkeit von der aktuellen Schilddrüsenfunktion. Bei Unterfunktion sinkt Agni, bei Überfunktion ist es zu stark. Deshalb wechseln sich oft Heißhungerattacken mit Appetitlosigkeit ab.
  • Sannipataja: Im Wechsel zeigen sich Symptome von erhöhtem Vata, Pitta und Kapha wie oben beschrieben. Je kleiner die Schilddrüse, desto stärker die Unterfunktion mit Kapha-Symptomen, sofern keine ausreichende Hormonsubstitution erfolgt ist.
  • Dhatukshaya | Dhatuvrddhi: Im Stadium der Überfunktion werden die Körpergewebe quantitativ verringert. Gerät die Schilddrüse in die Unterfunktion, nehmen die Gewebe Rasa (Nährsaft) und Meda (Fett) mengenmäßig zu, qualitativ aber ab.
  • Malavibandha: Mit zunehmender Krankheitsdauer wird die Elimination von Abfallstoffen wie Stuhl, Urin und Schweiß beeinträchtigt.
  • Ama | Srotorodha: Durch die zunehmende Schwächung von Agni entsteht Ama, Rückstände aus mangelhafter Verdauung und Verstoffwechselung. Dieses blockiert Zirkulationsbahnen (Srotas), was zu einer schlechteren Ver- und Entsorgung der Gewebe führt.

Ursachen vermeiden und Hashimoto ganzheitlich begleiten

Die Ursachen einer Hashimoto-Thyreoiditis sind aus westlicher Sicht weitgehend ungeklärt, eine genetische Disposition wird vermutet. Als auslösende Faktoren werden Infektionen, chronischer Stress, erhöhte Jodaufnahme und Hormonschwankungen in der Schwangerschaft oder den Wechseljahren diskutiert.

Aus ayurvedischer Sicht werden Autoimmunkrankheiten als eine Störung der Geist-Körper-Interaktion betrachtet. Drei übergeordnete geistigen Fähigkeiten sind die Unterscheidungskraft (Buddhi), die Kraft der Zurückhaltung (Dhriti) und das Erinnerungsvermögen (Smriti).

Diese drei Kräfte steuern unsere Zellintelligenz und stehen mit dem Immunsystem in enger Verbindung. Bei einem Verlust (Bhramsha) können wir unser Selbst (die Schilddrüse) nicht mehr von Nicht-Selbst (ein Krankheitserreger) unterscheiden, schädigende Immunreaktionen nicht mehr kontrollieren und die Erinnerungsfunktion ist über falsche Antikörperaktivitäten gestört.

Aus diesem Grund wird jede immunologische Krankheit im Ayurveda auch psychologisch diagnostiziert und therapiert. In meiner Arbeit erfasse ich daher chronische Stressoren und Bewältigungsstrategien, analysiere Werte und deren Bedeutung im täglichen Handeln und entwickle gemeinsam mit den Patienten eine zielorientierte Neuausrichtung unter Berücksichtigung höchstmöglicher Flexibilität. Nach 20 Jahren Praxistätigkeit stelle ich fest: je größer die liebevolle Selbstannahme, desto kleiner die Autoaggression im Körper.

Körperlich betrachtet der Ayurveda Krankheitsursachen in einer unzuträglichen Ernährung und Lebensweise. Mögliche Faktoren der Ernährung können übermäßiger Fleischkonsum, Reizstoffe wie Alkohol oder scharf gebratene Speisen, unzuträgliche Nahrungsmittelkombinationen wie Milch mit Saurem sowie die zu häufige Aufnahme von Mahlzeiten ohne adäquate vorherige Verdauung sein. Eine ayurvedische Ernährungsberatung berücksichtigt immer die individuelle Konstitution und den aktuellen Gesundheitsstatus.

Eine Lebensstiländerung kann das Fortschreiten der Schilddrüsenentzündung und -verkleinerung verlangsamen. In meiner Beratung starte ich immer mit der Optimierung von Schlafzeiten, persönlicher Tagesrhythmik, harmonischer Atmung, ausgleichender Bewegung und gesunder An- und Entspannung.

Pflanzliche Nahrungsergänzungen aus dem ayurvedischen Formenkreis können eine gesunde Schilddrüsenfunktion unterstützen, erforderliche Medikationen minimieren, Nebenwirkungen und hormonelle Schwankungen reduzieren. Traditionelle Rezepturen sind Guggulu Vati (zum Beispiel Kanchanara, Triphala, Yogaraja, Kaishora), Elixiere (Asava und Arishta), Pulvermischungen (Churna) und tablettierte/kapsulierte Extrakte. Lassen Sie sich hierzu von einem erfahrenen Therapeuten individuell einstellen.

Auch ambulante Manualtherapien wie Ölmassagen, Stirngüsse und Kräuterstempel sowie stationäre Ayurveda Kuren können das Immunsystem regulieren, angesammelte Rückstände ausleiten, Körper und Geist nachhaltig stärken.

Hashimoto ist ein chronisches Krankheitsbild mit vielen Gesichtern. Trotz aller therapeutischen Herausforderungen liegt in ihm auch das Potenzial, bewusster zu leben, eigene Schwächen zu akzeptieren und dennoch das eigene Leben flexibel zu gestalten. Die Ayurvedamedizin kann Sie auf diesem Weg beeindruckend begleiten.

Mit den besten Grüßen aus Bad Homburg,

Ralph Steuernagel

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